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Wenn ich groß bin, werde ich … Optimist!
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Optimismus
Wenn ich groß bin, werde ich … Optimist!

Lebt ein Optimist gesünder und länger?

Judith Leitner
BSc Psychologie

Als ich meiner Kollegin erzählte, dass ich gerade an einem Artikel über Optimismus schreibe, und ich sie fragte, ob sie sich eigentlich als optimistische Person sehen würde, erntete ich zuerst einen fragenden Blick. Also habe ich kurz erklärt, was es bedeutet, optimistisch zu sein. Optimismus beschreibt die grundsätzliche lebensbejahende Erwartung, dass die Zukunft gut wird und die Überzeugung, dass man die Fähigkeit und das Können hat, Gutes zu bewirken.

An alle Leser:
Halten Sie doch einmal kurz inne, ob Sie sich selbst als optimistischen Menschen sehen würden. Diese Frage ist ganz wichtig, denn was nicht ist, kann ja noch werden. In diesem Artikel wollen wir uns damit auseinandersetzen, welche Auswirkungen Optimismus auf unser Leben haben kann und weshalb es ein guter Vorsatz ist, jeden Tag mit einer gesunden Portion Optimismus zu starten.

Rückblick …
Im Rahmen meines Adventkalenders habe ich von meinem Ehemann einen kleinen Liebesbrief erhalten, auf dem stand: «Du schaffst es, auch wenn mal etwas nicht klappt, optimistisch zu bleiben». Warum denn das, fragen Sie sich jetzt vielleicht? Also, letztes Jahr war das so: Im Februar wollten wir in den Skiurlaub, aber leider mussten wir ihn am Tag der Anreise absagen, da unsere Tochter in der Nacht vor der Abfahrt hohes Fieber bekommen hatte und wir so unmöglich reisen konnten. Im Juni hatten wir dann einen wunderschönen einwöchigen Urlaub in Kroatien geplant. Wir haben die ersten drei Tage sehr genossen, bis plötzlich unser Sohn überall rote Punkte bekam und wir schnellstmöglich nach Hause fahren mussten, da sich die Punkte als Windpocken entpuppten. Im Oktober probierten wir es noch einmal und wollten für 5 Tage nach Wien. Nach zwei Tagen – wer errät es? – waren wir schon wieder auf der Rückreise, da eines unserer Kinder eine von Fieber begleitete Mittelohrentzündung hatte. Obwohl wir in der Zwischenzeit eine gute Reiseversicherung abgeschlossen haben, konnten wir schon im Dezember während der Adventszeit eine gewisse Anspannung fühlen, da wir es doch wirklich gewagt hatten, über Silvester einen Besuch bei Freunden zu planen – inklusive Flug, da Frankfurt von unserem Zuhause einfach eine zu lange Autofahrt bedeuten würde. Immer, wenn das Thema «Urlaub» aufkam, sagte ich zu meinem Mann: «Ach, dieses Mal wird es passen» – und deshalb bekam ich auch ein Dankeschön für meinen Optimismus. Tja, da hat jetzt der ganze Optimismus auch nichts gebracht, mögen Sie denken. Dass wir unsere Urlaube entweder nicht antreten konnten oder gleich wieder abbrechen mussten, wurde durch meinen Optimismus tatsächlich nicht verändert. Aber es hat ja keiner behauptet, dass Optimisten immer auf Wolken fliegen und nie auf dem Boden der Tatsachen ankommen. Wenn ich also sowieso nichts an meinem Schicksal ändern kann, warum sollte ich dann optimistisch sein? Dafür gibt’s viele gute Gründe.

Optimisten leben länger!
In einer Langzeitstudie von Lewina O. Lee konnte ein statistischer Zusammenhang zwischen einer optimistischen Lebenseinstellung und einer längeren Lebensspanne beobachtet werden. Um das zu klären, nutzten Lee und ihre Kollegen zwei Gruppen von Testpersonen: So bekamen die Forscher Informationen über den Gesundheitszustand und die Lebensführung von fast 70.000 Krankenschwestern sowie von 1.429 Veteranen. Die ersten Gesundheitsdaten von den Frauen gab es im Jahr 1976, bei den Männern stammen die ersten Daten von 1961. Bei allen wurde mittels Fragebögen und Tests ermittelt, ob sie eher optimistisch oder pessimistisch sind (bei den Frauen im Jahr 2004 und bei den Männern bereits 1986). Beobachtet wurden die beiden Gruppen bis 2014 resp. 2016. Dabei erhielten die Forscher das Ergebnis, dass die Frauen in der besonders optimistischen Gruppe im Durchschnitt um 15 Prozent länger leben als die in der pessimistischsten Gruppe. In der Analyse wurden ähnliche demografische Merkmale und Vorerkrankungen berücksichtigt. Bei optimistischen Männern betrug der Unterschied bei der Lebenszeit elf Prozent. Die Chance, 85 Jahre oder älter zu werden, war bei der Frauengruppe der stärksten Optimistinnen um 50 Prozent größer als bei den stärksten Pessimistinnen. Bei den Männern betrug der Unterschied in der Studie 70 Prozent. Die Wissenschaftler wollten zudem untersuchen, ob die höhere Lebenserwartung daran liegen könnte, dass Optimisten grundsätzlich gesünder leben, also zum Beispiel weniger rauchen oder Alkohol trinken, mehr Sport treiben und regelmäßiger zum Arzt gehen. Rechneten die Wissenschaftler solche Unterschiede in der Lebensführung mit ein, schwächte sich das Ergebnis ab, aber weiterhin waren die Optimisten klar im Vorteil. Sie lebten auch bei ähnlicher Lebensführung länger. Zusammengefasst beschreiben die Forscher Optimisten wie folgt: Optimistische Menschen haben tendenziell Ziele und das Vertrauen, diese auch zu erreichen. Optimismus kann somit zur Entwicklung gesundheitsförderlicher Gewohnheiten beitragen und die Widerstandsfähigkeit gegen ungesunde Impulse stärken, indem man sich mehr mit den eigenen Zielen auseinandersetzt, Probleme effizienter löst und Ziele anpasst, wenn sie unerreichbar werden.

Optimisten erwarten Positives, weil Sie sich Positives vorstellen
Madelon L. Peters wollte herausfinden, ob eine kurze Manipulation den Optimismus zumindest vorübergehend steigern kann. Teilnehmer in der Bedingung des positiven Zukunftsdenkens schrieben 15 Minuten lang über ihr bestmögliches Selbst. Teilnehmer in der Kontrollbedingung schrieben über einen typischen Tag in ihrem Leben und stellten ihn sich vor. Positive und negative Zukunftserwartungen sowie positive und negative Gefühle wurden vor und nach jeder Manipulation gemessen. Im Vergleich zur Kontrollmanipulation führte die Manipulation des positiven Zukunftsdenkens zu einem signifikant stärkeren Anstieg der positiven Gefühle und positiven Zukunftserwartungen. Der Anstieg der positiven Erwartungen war nicht vom Stimmungseffekt abhängig. Die Ergebnisse zeigen, dass das Vorstellen einer positiven Zukunft tatsächlich die Erwartungen für eine positive Zukunft steigern kann.

Optimismus hilft im Umgang mit Stress
Optimisten sind bekannt dafür, aus Situationen, die sie nicht vermeiden können, das Beste zu machen. Ein perfektes Beispiel für eine solche Situation ist, dass man in einen Stau kommt oder der Zug eine Stunde Verspätung hat. Natürlich kann man sich ärgern, aber man muss es nicht! Man kann die Zeit bewusst sinnvoll nutzen, indem man sich etwas Spannendes anhört oder etwas liest oder die Zeit zum Entspannen nutzt. Dem Stau ist es ohnehin egal, ob man es sich gut gehen lässt oder sich aufregt – er löst sich sowieso irgendwann wieder auf.

Optimismus bringt zum Lachen
Haben Sie schon einmal etwas über die Gelotologie gehört? Die Gelotologie erforscht das Lachen und beschäftigt sich mit den psychischen und körperlichen Auswirkungen. Kinder haben rund 400 Lacher am Tag, bei Erwachsenen sind es durchschnittlich nur noch 15 (ein Lacher dauert in der Regel nur 2 Sekunden und besteht aus etwa 7 schnellen «Hahas»). Das Lachen zeigt dabei eine Vielzahl an positiven Auswirkungen auf – zum Beispiel die Atmung, den Herzschlag, das Schmerzempfinden, das Immunsystem sowie unsere Wahrnehmung von Stress. Wenn immer sich also eine Möglichkeit zum Lachen findet, nutzen Sie sie!

Weitere gute Gründe, Optimist zu sein oder zu werden
In weiteren Studien zeigt sich, dass Optimisten ein geringeres Risiko haben, chronische Krankheiten zu bekommen. Auch für bestimmte Leiden wie Herz-­Kreislauf-­Erkrankungen oder Lungenfunktionsstörungen sind sie weniger anfällig. Zusätzlich schützt Optimismus vor Depressionen und Typ 2 Diabetes ist seltener. Sogar der BMI ist bei Optimisten durchschnittlich niedriger. Bei den männlichen Versuchspersonen in der Studie von Lewing O. Lee erreichten Optimisten einen höheren Bildungsgrad und damit ein höheres Einkommen. Es zeigt sich auch, dass optimistische Menschen sozial besser integriert sind. Sie zeichnen sich häufig dadurch aus, Teil mehrerer sozialer Netzwerke / Systeme zu sein.

Optimisten sind überzeugt von ihrer «Selbstwirksamkeit»
Wenn Sie lernen, über sich selbst und über Ihre Gefühle Kontrolle zu haben, dann werden Sie der Kapitän Ihres Lebens sein. Dann fühlen Sie sich weniger hilflos oder sogar als Opfer. «Die Welt ist voller Spiegel: Was man denkt, das sieht man», sagte Dr. Mahesh Gandhi. Viktor Frankl legte viel Wert auf die Freiheit, mit der jeder Mensch ausgestattet ist. Ich zitiere: «Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit». Machen Sie sich Ihre Stärken bewusst und loben Sie sich für Fortschritte, auch wenn diese klein sind. Sie sind ein einzigartiger und wertvoller Mensch. Deshalb können Sie mit voller Überzeugung Optimist werden!

 

 

 

 

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