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Altern – Herausforderung zwischen DEN Sorgen und DEM Sorgen
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Ruhe
Altern – Herausforderung zwischen DEN Sorgen und DEM Sorgen

Roland Kübler
Heimleitung Altersheim Oertlimatt
Krattigen, CH

Das Leben ist mit Sorgen vollgepackt. Es gibt so viele gute Gründe, sich zu sorgen. Jeder hat damit Bekanntschaft gemacht – wir könnten damit Bücher füllen. Es macht Angst, bedrängt und lähmt. Am Ende machen uns die Sorgen krank, und manch einer stirbt in Sorgen. Und trotzdem sorgt sich jeder.

Selber mache ich mir häufig Sorgen um «das Sorgen». Während uns Sorgen krank machen, bewirkt «das Sorgen» (z. B. Sorge tragen für jemanden) das Gegenteil. Es beruhigt, nimmt Anteil und verbindet. Jemand bemüht sich – sorgt sich für den anderen. Meine Sorge ist, dass wir «das Sorgen» verlernen. Es hat in unserem Alltag keinen Platz mehr. Es wird verdrängt – wir haben keine Zeit mehr dafür.

Sich Sorgen zu machen ist gesellschaftstauglicher, als sich um jemanden zu sorgen. Und weil wir vor lauter Sorgen nicht mehr sorgen können, folgt die nächste Sorge auf dem Fuß. Die Sorgen im Hier und Jetzt verhindern das Sorgetragen und das Vorsorgen für die Zukunft.

Sorgen um die Ruhe

Durch die Industrialisierung, die im 19. Jahrhundert einsetzte, profitieren wir heute von zahlreichen positiven Errungenschaften. Ein Arbeitsgesetz ermöglicht uns eine gute «Work-Life Balance». Geregelte Arbeitszeiten, vorgeschriebene Pausen, wöchentlich zwei freie Tage und vier oder fünf Wochen Urlaub – Errungenschaften, die in dieser Form keine hundert Jahre alt sind. Ruhepausen und Ruhetage sind im Arbeitsgesetz festgeschrieben. Sogar der Ruhestand ist definiert! Da hat die Wirtschaft einiges mehr begriffen, als der Bürger in seinem Privatleben umzusetzen vermag! Warum?

Fehlt es nicht oft an Struktur und Planung bzw. Einteilung unserer Freizeit? Das immense Angebot und die vielfältigen Möglichkeiten lassen uns kaum mehr zur Ruhe kommen. Die Aktivitäten sind längst nicht mehr auf die «Tageszeit» beschränkt, sondern dehnen sich bis weit in die Nacht aus. Ruhezeiten werden aufs Ärgste missbraucht – die Nacht zum Tag gemacht. Schlafen wird zum «notwendigen Übel» herabgestuft. So kennt der moderne Mensch in seiner Freizeit kaum noch «wahre» Ruhepausen.

Während in einem Orchester die einzelnen Musiker mit ihren verschiedenen Instrumenten immer wieder Pausen einzulegen haben, werden diese «verordneten» Pausen im Privatleben oft gänzlich missachtet. Die Musiker jedoch halten diese Pausen – sie verharren in Stille und tun nichts. Trotzdem spielt die Musik weiter. So wäre es auch im eigentlichen Leben gedacht! Wenn ich Ruhe und aktiv Pausen einlege, bedeutet dies nicht, dass ich nicht lebe. Die Ruhe ist Teil vom Leben – aktiv. Aktiv ausruhen.

Wie heißt es im biblischen Schöpfungsbericht in 1. Mose 2,1–2? Dort wird berichtet, dass nach sechs Tagen Arbeit der Ruhetag folgte. Die Welt ist gerade einmal sechs Tage alt, und schon wird ein Ruhetag verordnet. Eigentlich hat das Leben ja erst begonnen – jetzt würde es doch gerade richtig Spaß machen. Warum nicht gleich mit Vollgas weiter? Nein, der Schöpfer hat einen anderen Plan für die Menschheit. Er gibt uns einen Ruhetag – so ganz anders als die anderen sechs Tage. Einen Tag zur Ruhe, an welchem wir uns nicht mit Alltagskram beschäftigen müssen. Einen Tag zum Ausruhen und Auftanken. Einfach wunderbar! Dementsprechend könnte man davon ausgehen, dass das Arbeitsgesetz mit den verordneten Ruhepausen ein vergessenes Prinzip wieder neu entdeckt hat und damit im Grunde genommen dem Schöpfungsprinzip Folge leistet.

Die Ruhe ist ein Geschenk! Ein Geschenk, das man gerne annimmt, das aber auch gepflegt werden muss.

Die meisten Menschen freuen sich auf den lang ersehnten Ruhestand. Doch fehlen bei dessen Antritt plötzlich jegliche Strukturen und Abläufe. Nicht selten beginnt damit eine «erneute» Krise, eine tatsächliche Lebenskrise, weil es kein «Zurück» in den «normalen» Alltag gibt.

 

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