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Cannabis – einfach nur ein bisschen Entspannung
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Mäßigkeit
Cannabis – einfach nur ein bisschen Entspannung

Katharina Broegaard
Praktische Ärztin

Michael und seine Freundin*
Es ist kurz vor Mittag an einem kühlen Herbsttag, und ich sitze mit einer anderen Ärztin und einem jungen Paar in der psychiatrischen Notaufnahme. Michael und seine Freundin, beide Mitte zwanzig, haben seit 11 Jahren Cannabis geraucht. Vor 10 Tagen entschlossen sie sich, aufzuhören. «Ich möchte endlich meinen Führerschein machen, dafür muss ich clean sein», äußert Michael durch zusammengekniffene Lippen. Seitdem geht es ihm zunehmend schlechter. Am Anfang war er nur nervös und schlief schlecht. Das hatte er erwartet, seiner Freundin ging es genauso. Doch nach einigen Tagen bekam er Magenschmerzen, verlor den Appetit und fing stark zu schwitzen an. Er wurde plötzlich aus dem Nichts heraus gereizt und begann, sehr lebhafte Albträume zu haben. Nun fühlt er sich außerdem noch zittrig und schwindelig. Mit Entzugserscheinungen hatten die beiden gerechnet, aber dass es ihm nun nach 10 Tagen schlechter als besser geht, weckt doch Sorgen. Meine Kollegin holt ein Faltblatt über Cannabis-Entzug hervor. Sie zeigt unserem Patienten anhand einer Grafik den Verlauf von Entzugserscheinungen. Diese steigen innerhalb der ersten Tage an und erreichen nach rund 10 Tagen einen Höhepunkt. Natürlich reagiert jeder Mensch anders, aber im Durchschnitt wird es ab 14 Tagen langsam wieder besser, und nach drei Wochen hat man den schlimmsten Teil des Entzuges überstanden. Nein, gefährlich ist der Entzug nicht, aber langwierig, sehr belastend, und man braucht vor allem Motivation und gute Unterstützung. Bei manchen können außerdem noch über Jahre hinweg vor allem psychische und zwischenmenschliche Schwierigkeiten bestehen bleiben. Meine Kollegin ist von der Entschlossenheit der beiden begeistert und findet aufmunternde Worte: «Unglaublich stark, dass ihr das gemeinsam anpackt. Mit dieser Entscheidung verbessert ihr eure Zukunft in jeder Hinsicht.» Michael ist sichtlich erleichtert, dass seine Beschwerden «nach Regel» verlaufen und er jetzt weiß, dass es besser werden wird. Auf Symptombehandlung (beschwerdelindernde Medizin) verzichtet er im Moment. Er weiß, dass wir 24 Stunden täglich offen haben und er sich jederzeit wieder melden kann, falls er doch Medikamente braucht, das beruhigt ihn.

Cannabis ist eine Droge!
Cannabis enthält den psychoaktiven Stoff THC, der in geringen Mengen eine entspannende und angenehme Wirkung auslöst. Das kritische Denken wird gehemmt, und die Wirklichkeit wird anders wahrgenommen. Außerdem ist die Reaktionsfähigkeit herabgesetzt. Doch gerade im Straßenverkehr werden gefährliche Situationen unterschätzt. Cannabis ist leider eine Droge, die uns regelmäßig in der Psychiatrie begegnet. Oft in Zusammenhang mit anderen «harten» Drogen oder «nur» mit Tabak und Alkohol. Doch auch Cannabis alleine kann in eine Abhängigkeit führen, und ein Entzug ist vor allem schwierig, da Motivation und Entscheidungsfähigkeit durch Cannabis chronisch beeinträchtigt werden. Das hier beschriebene Paar ist eine wunderbare Ausnahme junger Leute, denn es bringt die Energie auf, sich seinem Leben und der Sucht zu stellen. Viele andere bleiben leider im Laufe der Jahre zunehmend gleichgültig und damit auf der Strecke.

 

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